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Amtleute,
Vorsteher und Untertane
Recht
und Verwaltung
Der
Richter hatte gewöhnlich zugleich das Amt eines Rentmeisters des Gutsherrn
inne.[3]
Als Beamter der Herrschaft verwaltete er einerseits deren Besitz und war ihr
verbindendes Glied zur Dorfgemeinde, andererseits sprach er Recht bei
Streitigkeiten zwischen Adel und Dorfgemeinschaft. Ein
Interessenausgleich zwischen Grundherrschaft und Dorf wurde durch Verträge
geschaffen. Als 1807 der Notar Rempe
für die französische Verwaltung ein „Verzeichnis, was in
dem Gemeinheits-Archiv Fürstenberg enthalten, und darin zu finden ist“[4]
aufstellte, führte er neben Prozessakten, die bei der Regierung Paderborn
oder vor dem
Reichskammergericht zu Wetzlar
verhandelt worden waren,
auch eine Anzahl solcher Verträge auf. Es finden sich darunter der Bundbrief
von 1449, der Wasserkontrakt von 1788, der Vertrag über den Bau der Pfarrkirche
und der Vergleichsvertrag von 1796. Rempe
bekleidete neben seiner
Funktion am Patrimonialgericht die Stellung des Ortsbeamten. Die Einwohner des
Dorfes wurden außerdem durch zwei Vorsteher repräsentiert, welche die lokalen
Wirtschaftsangelegenheiten verwalteten. Der Ortsbeamte und die Vorsteher führten
das Schatzkataster, nach dem die Grundsteuern bemessen wurden. Zu ihren Aufgaben
gehörte es, die Geld- und Naturalleistungen an den Grundherrn, die sogenannten
Gefälle, und sonstigen Abgaben eintreiben zu lassen. Sie stellten die Hirten,
Nachtwächter und Feldhüter ein und zahlten ihnen den Lohn. Sie setzten die
Beiträge zum Hirtenlohn und Wassergeld fest und prüften die Beitragslisten.
Sie verpachteten die Schaftriften und verteilten den Schafpferch als Düngung.
Sie sorgten für genügend Feuerlöschgeräte und den Brandschutz und verwahrten
das Scheffelmaß und das Gemeindesiegel. Sie ließen die Wasserkümpe warten und
reparieren. Sie regelten die Hand- und Spanndienste oder ließen sie durch
Dienstgelder abgelten. Sie setzten zusammen mit dem Oberförster des Grundherrn
die Zeit fest, in der die Schweine zur Mast in den Wald getrieben werden
durften. Sie leisteten die Schuldendienste und stellten die Gemeinderechnungen
auf. Sie sorgten dafür, daß die Landstraße und die Feldwege regelmäßig
ausgebessert wurden.[5] Fürstenberg
wurde eine 'Munizipalität'. An ihrer Spitze stand als 'Maire' der bisherige
Ortsbeamte Rempe
. Zehn 'Munizipalräte' bildeten das oberste politische Organ der 'Commune'.
Die acht Kommunen Wünnenberg
, Fürstenberg mit Wohlbedacht
, Essentho
, Oesdorf
, Meerhof
, Bleiwäsche
und Leiberg
wurden zum 'Kanton' Wünnenberg
zusammengefasst, der zur
Unterpräfektur Paderborn gehörte. Paderborn
war ein Distrikt des Fulda
Departements.[8]
Die Verwaltungsgliederung war straff hierarchisch geordnet mit
Präfekt, Unterpräfekt und Maire an der Spitze der jeweiligen
Verwaltungseinheit. Jeder Beamte erhielt seine Weisungen von der jeweils nächst
höheren Instanz. Dieses bürokratisch, zentralistische System garantierte einen
rasch wirksamen, einheitlichen staatlichen Dirigismus bis hin zur untersten
Verwaltungsstufe. Lokale Sondergewalten des Adels hatten darin keinen Platz.[9] Die
Kommune erhob die Steuern und stellte eigene Haushaltspläne auf, die durch alle
Instanzen des Departements genehmigt werden mussten. Für das Jahr 1812 liegen
der Haushaltsplan der Gemeinde und die Steuereinnahmen mit der Heberolle zur
Aufbringung des Defizits vor. Diese Liste mit den Abgaben aller
steuerpflichtigen Bürger wurde für das Dienstjahr 1812 vom Maire Rempe
aufgestellt, Der
Staat ließ die Grundsteuer nach den aus der Zeit des Fürstbistums
fortgeschriebenen Schatzkatastern erheben. Neu war, dass die bisher von der
Steuer befreiten (exemten) Grundstücke aus Adelsbesitz durch die Exemtensteuer
an den Abgaben beteiligt wurden. Der Fabrikant und die Arbeiter der Glashütte
zahlten für ihr Gewerbe
die Personalsteuer. Von der Gesamtsumme der an den Staat abzuführenden Steuern
erhob die Gemeinde noch einmal 30% als Defizitsteuer zur Deckung der Ausgaben
ihres Haushalts. An der Finanzierung der Gemeindeausgaben war die adelige
Grundherrschaft jetzt mit 44% beteiligt. Das Gut gehörte zur Zeit der französischen
Verwaltung als Steuerzahler mit zur Gemeinde.[11] Neben
den Einnahmen aus der Defizitsteuer finanzierten sich die Ausgaben des Haushalts
der Gemeinde aus Kapitalzinsen, Polizeistrafen und einem Überschuss des Jahres
1810. Aus
den Haushaltsplänen der französischen Regierungszeit werden die
Verwaltungsaufgaben der Gemeinde als lokale Steuerbehörde, als Ordnungsbehörde,
als Baubehörde und als Gesundheitsbehörde ersichtlich. Neben dem Maire als
erstem Gemeindebeamten standen der Steuereinnehmer und der Gemeindeeinnehmer auf
der kommunalen Besoldungsliste. Der Maire regelte den Einsatz der Nachtwächter,
der Gänse-, Schweine- und Rinderhirten und des Feldhüters. Er verwaltete das Büro,
leitete mit dem gräflichen Förster die Forstaufsicht und sorgte im
Gesundheitswesen für die Besoldung der Hebamme und die Pockenschutzimpfung der
Kinder. Er verwaltete die Feuerlöschgeräte und sorgte für ihre
Instandhaltung.[12]
Der Steuereinnehmer trieb für den Staat nach der Heberolle die Steuern ein und
überwies sie an die Finanzverwaltung des Kantons. Der Gemeindeeinnehmer erhob
das Wassergeld und die Beiträge zu den Hirtenlöhnen. Als Rendant und Kämmerer
der Gemeinde und verwaltete ihre Ausgaben. Die
preußischen Gesetze traten am 1.1.1815 in Kraft. Das Friedensgericht ging ein
und wurde seit dem 1.5.1818 als Kreisgericht gemeinschaftlich von dem Grafen von
Westphalen
und dem Freiherrn von
Brenken
geführt.[15]
Die preußische Verwaltung übernahm die französische Steuergesetzgebung und
die Verwaltungsführung. Erst 1844 wurde die Landgemeindeordnung für die
Provinz Westfalen vom 31.10.1841 in der Gemeinde Fürstenberg eingeführt.[16] Einen
Einblick in die Haushaltsführung unter preußischer Verwaltung gibt der Etat
von 1828. Die Aufgaben der Verwaltung sind vielfältiger geworden. Sie
orientierten sich aber im wesentlichen an der vorgefundenen französischen
Vorlage. Die
Verwaltung des Haushalts lag in der Hand des Ortsbeamten und stand unter der
Aufsicht der Gemeinderäte. Die westfälische Gemeindeordnung regelte das Verhältnis
des Ritterguts zur Dorfgemeinde neu. Das Rittergut wurde durch zwei Mitglieder
im Rat der Gemeinde vertreten, dessen Angehörige aus den Grundbesitzern nach
dem Drei-Klassen-Wahlrecht auf sechs Jahre gewählt wurden. Sie faßten ihre
Beschlüsse unter dem Vorsitz des Vorstehers. Mehrere Gemeinden wurden zu einem
Amtsbezirk unter einem von der Regierung ernannten Amtmann als staatlichem
Verwaltungsbeamten vereinigt.[18]
Nach der Landgemeindeordnung für die Provinz Westfalen von 1856 repräsentierte
der Rentmeister das Rittergut im Gemeinderat.[19]
Diese
Gemeindeordnung wurde unter Kaspar Anton Brunnstein
, geboren am 24.1.1815 in Fürstenberg, eingeführt.[20]
Er leitete dieses Amt seit 1851. Vorher hatte Im
Haushaltsetat 1812 beliefen sich die Zinsen auf 285 Taler, 21 gute Groschen oder
1044 Franc und 15 Centimes[23],
das waren 40% der gesamten Ausgaben des Etats. Obwohl die französische
Verwaltung anordnete, verbliebene Überschüsse aus den Vorjahren zur Tilgung
der Grundschulden zu verwenden, verringerten sich die Zinsen kaum. So wurden im
Jahre 1813 allein 117 Taler zur Abzahlung der Schulden verwandt. Trotzdem mussten
noch 269 Tlr, 16 gGr, 3 Pf an Zinsen gezahlt werden. Abgetragen waren aus der
Liste von 1807 am 4.1.1818 nur 300 Taler. Der Schuldenstand belief sich immer
noch auf 5457 Taler. Kriegssteuern und die Naturallieferungen an die kriegführende
französische Armee hatten die Schulden im Jahre 1814 um weitere 533 Taler
anwachsen lassen.[24]
Erst 1823 hatte sich die Schuldenlast merklich verringert.[25] Im
Etat für die Gemeinde Fürstenberg von 1865 ist die Schuldenliste von 1823 noch
vollständig vorhanden.[26]
Diese Altschulden konnten erst im Jahre 1891 getilgt werden.[27]
Als neue Kapitalgeber traten die Provinzialhilfskasse Münster
, seit 1847, und die Kreissparkasse Büren
, seit 1862, auf. Die dort aufgenommenen Geldmittel nutzte die Gemeinde
zur Finanzierung verschiedener Wegebauten. Im Jahre 1873 waren von 425 Talern,
die an Zinsen zu zahlen waren, ein Viertel für Altschulden und drei Viertel für
Darlehen zu den Wegebauten aufzuwenden. Der Haushaltsetat von 1883 wies einen
Schuldendienst von 3023,78 Mark aus. Zwar waren seit Beginn der preußischen
Herrschaft die privaten Geldgeber zurückgetreten und die alten Schulden aus
Prozessen abgebaut, doch ließen große Investitionen in den Wegebau und in öffentliche
Bauten den Schuldendienst im letzten Viertel des Jahrhunderts wieder ansteigen. Bei
der Wasserversorgung des Dorfes wurde 1820 vertraglich neu vereinbart, daß
diese vom Grundherrn zu gewährleisten sei, wozu die Gemeinde jährlich 50 Taler
Wassergeld zu zahlen hatte.[28]
In den Jahren 1830 und 1831 gab die Gemeinde in Verträgen dem Gutsherrn Grund
und Boden, während jener sich verpflichtete, die vorhandenen hölzernen Fußbrücken
durch steinerne Fahrbrücken zu ersetzen.[29]
Diese Abmachungen und Verträge machen deutlich, dass die Gemeinde bei größeren
Bauvorhaben finanziell überfordert und offensichtlich auf die Organisationsfähigkeit
der gräflichen Administration angewiesen war. Der adelige Gutsherr fühlte sich
aus seiner Tradition verpflichtet, sich um das öffentliche Wohl seiner
Untertanen in seinem Dorfes zu sorgen. Für die Gemeinde blieben nur die
Reparaturen an den öffentlichen Gebäuden Kirche und Schule, wie die
Haushaltspläne wiederholt aufführen. Beispielhaft
für künftige kommunale Investitionsvorhaben war der Wegebau vom Oberdorf zur
neuen Kreisstraße, die Büren mit Marsberg
verband. Auch
die Haushaltspläne von 1863 bis 1913[32]
sind nach dem Muster der französischen Etatpläne aufgebaut und weisen der
Kommunalverwaltung unveränderte Aufgaben zu. Ihr Volumen
vergrößerte sich jedoch durch die einsetzende öffentliche Bautätigkeit. Drei Perioden der Gemeindeverwaltung können während des 19. Jahrhunderts unterschieden werden. Nach einer völligen Neustrukturierung und Straffung nach französischem Vorbild im Königreich Westphalen vollzog sich ab 1815 unter preußischer Herrschaft zunächst eine Restauration der alten Herrschaftsstrukturen von Adel und Dorf. Erst nach den revolutionären Ereignissen von 1848 und der neuen preußischen Gemeindeordnung wurde die Verwaltung vom Dorf und dem Gut gemeinsam getragen. Die liberalen Agrarreformen, die der preußische Staat allmählich durchführte, verminderten auch die persönlichen Abhängigkeiten der Bauern des Dorfes von ihrem Grundherrn. [1]HENNING,
F.-W., 1964. S. 235. [2]NOLTE,
B., 1984. S. 19. [3]Stdt
A Wü A 778. 1873. S. 18. [4]Stdt
A Wü A 777. 1807. [5]Stdt
A Wü A 246. 1812. [6]NOLTE,
B., 1984. S. 20. [7]Stdt A Wü A 246. 1812. [8]Privatbes., Gesetzbulletin. 1808. S. 44. [9]LAHRKAMP, M., 1983. S. 27. [10]Stdt
A Wü A 246. 1812. [11]Stdt.
A Wü A 723. 1865. [12]Stdt
A Wü A 245. 1813 u. A 246. 1812. [13]Stdt
A Wü A 246. 1812. [14]Stdt
A Wü A 245. 1813. [15]NOLTE,
B., 1984. S. 20. [16]NOLTE,
B., 1984. S. 65. [17]Stdt A Wü A 769. 1828. [18]LEESCH,
W.; SCHUBERT, P.; SEGIN, W. (Hrsg.), 1970. S. 243. [19]Stdt A Wü A 769. 1856. [20]SCHULTE, E., 1966. S. 34. [21]KRUS,
H.- D., 1987. S. 94 ff. [22]NOLTE,
B., 1984. S. 17. [23]Stdt
A Wü A 246. 1812. [24]Stdt
A Wü A 131. 1817. [25]Stdt
A Wü A 244. 1823. [26]Stdt
A Wü B 161. 1823. [27]Stdt
A Wü B 161. 1891. [28]NOLTE,
B., 1984. S. 39. [29]NOLTE,
B., 1984. S. 50 ff. u. A 779. 1830/31. [30]Stdt
A Wü A 105. 1852 u. 1853. [31]Stdt
A Wü A 122. 1859-62. [32]Stdt
A Wü B 161. 1863-1913. |