„Es
ist einem jeden bekannt, wie mühselig es ist, zu der Vesper Kirche unten
im Tal zu gehen, um daselbst den Gottesdienst abwarten zu müssen.“ So
beginnt Franz Arnold Schmidt sein Gesuch vor dem Sekretär Denker. Anfang
März, als der letzte Schnee geschmolzen, die Wege abgetrocknet und wieder
gangbar sind, hat er sich zusammen mit Jürgen Hassen auf die Reise nach
Paderborn gemacht. Bei der fürstbischöflichen Behörde wollen die beiden
Vorsteher aus Fürstenberg die Erlaubnis zum Bau einer neuen Kirche
erwirken.
Im
Namen ihrer Gemeinheit geben sie weiter zu Protokoll, dass sie mit Gottes
Hilfe und der Unterstützung ihrer Herrschaft und gutherzigen Spenden auf
dem bereits lange dafür vorgesehenen, im Dorf liegenden Platz eine neue
Kirche aufbauen lassen wollen. Da sie die dafür erforderlichen Gelder
aber noch nicht zusammen haben, wollen sie zunächst nur einen Turm
errichten. Darin sollen in der Höhe die Glocken aufgehängt werden, um
sie vor Wind und Wetter zu schützen. An diesen Turm soll dann zukünftig
die Kirche angebaut werden. Die Herrschaft sei mit diesem Plan
einverstanden und habe bereits das nötige Bauholz durch ihre Bediensteten
anreißen lassen.
Nachdem
der Generalvikar die Petition eingesehen und den Pastor Martin Hassen
angehört hat, erlaubt er
namens des Fürstbischofs der Gemeinde Fürstenberg, ihr Vorhaben in
Gottes Namen anzufangen. So weist es der Protokollauszug vom 2. März 1750
aus, ausgefertigt vom Sekretär Denker, unterschrieben und gesiegelt vom
Generalvikar Bernhard Ignatius von Wydenbrück.
Eine Abschrift dieses Dokuments wird am 13. April 1750 beglaubigt durch
Heinrich Anton Coßmann, Westphälischer Samtgerichts Verwalter, und mit
dem Siegel des Fürstenberger Gerichts bedruckt.
Die
Baugenehmigung ist damit erteilt, das Bauholz im Wald zum Schlagen
angezeichnet, mit dem Bau des Kirchturms kann begonnen werden. Auf einer
Grundfläche von 21 Fuß im Quadrat, das sind 6,75 m mal 6,75 m, wird das
Fundament aus Kalkstein gemauert. Die Wandstärke des Mauerwerks beträgt
zwei Meter auf der West- und Ostseite und einen Meter in den Stützbögen
auf der Nord- und Südseite. Bis zur Traufhöhe von 17,50 m verjüngt es
sich von Stockwerk zu Stockwerk bis auf einen Meter. Noch im gleichen Jahr
ist das Steinwerk fertig. Oben werden die geschmiedeten Zuganker gesetzt.
Die Querstücke außen am Mauerwerk geben weithin sichtbar die Jahreszahl
1750 an, ebenso der Schlussstein im profilierten Rundbogen des
Westportals.
Im
darauf folgenden Jahr werden die Sparren für das achtflächige schlanke
Turmdach gerichtet und mit Brettern verschalt. Das gesamte aus Eichenholz
gezimmerte Werk wird mit Schiefer aus Nuttlar wetterfest abgedeckt. Am 16.
Juli ist das Turmdach fertig. Die Handwerker unter dem Baumeister Valentin
aus Paderborn und dem Zimmermeister Joachim Müller aus Brakel sowie die
Dachdecker aus Büren und Rüthen haben gute Arbeit geleistet. Der
Rentmeister Heinrich Anton Coßmann und der Kirchenprovisor Franz Wilmen
Widemeyer können zufrieden sein.
Die
beiden Glocken der Vesperther Kirche
werden abgebaut, auf den neuen Turm gezogen und in die Kammern des
Bockglockenstuhls gehängt, in dem später noch eine dritte Glocke ihren
Platz findet. Solange die Kirche nicht fertiggestellt ist, rufen die
Glocken weiterhin zur Messe nach unten ins Tal. Wegen des beschwerlichen
Weges dorthin hält der Pastor Martin Hassen den Gottesdienst während des
Winters allerdings in der nahen Burgkapelle.
Der
mit Flusskieseln in Fischgrätmuster gepflasterte Turm wird sofort in
Gebrauch genommen. Denn „im Spritzenhause in dem Kirchturm befinden sich
2 Feuerspritzen, 205 Löscheimer, 5 Feuerhacken, 4 Feuerleitern“ wie im
„Inventarium der vorhandenen von der Gemeinde Fürstenberg bezahlten
Utensilien“ vermerkt ist.
Wenn ein Schadenfeuer ausbrechen sollte, kann jetzt die Alarmglocke im
Kirchturm geläutet werden. Alle Männer können sich von dort ihr Löschgerät
holen. Doch vor einer Brandkatastrophe bleibt die Gemeinde vorerst
verschont.
Der
letzte Großbrand, der das Dorf am 19. August des Jahres 1727 bis auf drei
Häuser vollständig vernichtet hat, ist allen noch frisch im Gedächtnis.
Doch er hat den Kirchbau erst möglich gemacht. Nach dem Brand haben sich
die geschädigten Familien in ihre feuerfesten, gewölbten Keller zurückgezogen.
Eine andere Unterkunft gibt es nicht. Während des Winters müssen die Männer
im Wald die Eichen schlagen. Auf Schlitten schaffen sie die Stämme zum
Zimmerplatz am Rande des Dorfes. Mit der Hilfe von Wandergesellen
zimmern sie dort das Bauholz für das geplante Fachwerk zurecht. Die
montagefertig vorbereiteten Werkstücke bringen sie zum Bauplatz und
errichten aus den Ständern und Balken das fertige Bauwerk. Über den
vorhandenen Gewölbekellern entstehen nach und nach die Häuser an alter
Stelle wieder neu.
Bereits
am 31. März 1728 wird das Haus Stineken, Kirchstraße
5, wieder aufgerichtet, wie die Torinschrift noch heute zeigt. Andere
noch bekannte Inschriften nennen sieben weitere Häuser, die bis Anfang
Juni des gleichen Jahres wieder aufgebaut sind.
Das völlig niedergebrannte Dorf ersteht erstaunlich schnell wieder.
Doch
einigen Hausvätern erlaubt der Burgherr den Aufbau ihrer Häuser nicht,
zumindest nicht an gleicher Stelle. Drost Wilhelm von Westphalen will den
Platz zwischen seinem Burggelände und dem Dorf frei machen für eine neue
Kirche. „Pro bono et necessitate publica“, zum Wohle und im Interesse
der Gemeinde, sollen dort einige Einwohner ihre Hausstellen aufgeben, ihre
gewölbten Keller und die in Kultur genommenen Gärten verlassen, um auf
driesche und unkultivierte Gründe zu wechseln.
Der
Grundherr lässt eine Fläche von 2.200 m² räumen, auf der bei der
damals dichten Bebauung des Dorfes wahrscheinlich sechs Häuser gestanden
haben. Das führt zu Unmut unter den Betroffenen, der sich an zwei
Hausinschriften ablesen lässt. So hat im Torbogen von Haus Nr. 56,
Kaplons genannt, heute Hahnenberg 5,
gestanden: „Sie haben mich hin und her getrieben, zuletzt bin ich
auf dieser Klippe geblieben“.
Das Haus wird erst 1735 hier am Rande des Dorfes neu errichtet. Es hat dem
Kirchbau weichen müssen.
Josef
Wessel lässt 1734 in den Torbalken seines Hauses, heute
Am Pellenberg 9, den Spruch schneiden: „Als hier vor sieben Jahr,
der Hunde Scharne war, und viel Pferde, Schwein und Kuh gelangten hier zur
letzten Ruh, auf Geheiß der Obrigkeit waren hier sehr brave Leut.“
Auch Josef Wessel hat auf Anweisung des Grundherrn an eine Stelle
umsiedeln müssen, die ihm nicht behagte. Denn hier ist vorher das in den
Flammen umgekommene Vieh verscharrt worden. Noch heute weist die
Ortsbezeichnung Röenmark als Feld für Hundekadaver auf diesen Platz hin.
Noch
steht von der Kirche nur der Turm. Der Bau muss weitergehen. Das
Langschiff, das mit drei Jochen von jeweils acht Metern Länge und einer
Spannweite von elf Metern mit einem Rundbogengewölbe geplant ist, soll
die Gemeinde bauen. Den Bau des daran anschließenden Chorraumes, dessen
Niveau drei Stufen höher liegt, übernimmt der Kirchenpatron, der
Freiherr von Westphalen. Er wird weiterhin auch für die Reparaturen und
Renovierungen an diesem Teil des Gebäudes die Verantwortung tragen.
Gutes
Baumaterial ist zu beschaffen. Sauber gebrochene Steine für das Mauerwerk
und starke Eichenschwellen für das weitgespannte Dach müssen her. Dabei
ist es leichter, geeignetes Bauholz in den Fürstenberger Wäldern zu
finden als gute Bruchsteine. Schon beim Turm haben die Handwerker in den
oberen Stockwerken immer schlechteres Steinmaterial mit Kalkmörtel
vermauert. Ein neuer Steinbruch muss aufgeschlossen werden, um regelmäßiges
Material zum Aufmauern der Ecken an Pfeilern, Bögen und Deckengewölben
zu gewinnen.
Die
Vorsteher des Dorfes hoffen auf Gottes Hilfe und großzügige Spenden zum
Wohle der Kirche. Unterstützung und Geld - auch für das Kirchenschiff -
kommen schließlich vom Grundherrn, dem Drosten und Freiherrn Clemens
August von Westphalen. Der Erbherr auf Fürstenberg erklärt sich bereit,
die neue Pfarrkirche größtenteils aus seinen eigenen Mitteln erbauen zu
lassen. Mehr als 3.500 Taler zahlt er zu diesem Bau, der einige Jahre später
für 5.000 Taler feuerversichert ist.
In
einem Vertrag mit dem Pastor Martin Hassen, den Provisoren Georg Hassen
und Franz Arnold Schmidt und den Vorstehern des Dorfes Martin Blinden und
Meinolf Claus lässt der Grundherr sich dafür einige Rechte einräumen.
Er verlangt für sich und seine Familie, auf dem von ihm erbauten Chor
eine Seite als Oratorium, als eigenen Gebetsraum, einrichten zu lassen.
Die andere Seite soll als Sakristei genutzt werden. Dort sollen für den Küster,
den Schulmeister, die Vorsänger und die Templierer, das sind die beiden
Kirchenvorstände, bequeme Sitze gemacht werden. Der verbleibende
Zwischenraum soll von der Jugend genutzt werden dürfen.
Für
sich und seine Nachkommen bedingt er sich eine Begräbnisstätte auf dem
Chor aus. Kein anderer soll dort begraben werden dürfen ohne seine
Erlaubnis. Es steht ihm frei auf seine Kosten unter der Erde eine
Totengruft oder einen Keller zu erstellen und den Eingang dorthin zu
verlegen, wo es notwendig ist. Er darf Änderungen in seinem Oratorium
vornehmen, ohne die Gemeinde fragen zu müssen.
Begräbnisse
im Langschiff der Kirche müssen der Pastor und der Kirchenvorstand für
jeden, der dort begraben werden will, vorher genehmigen. Für eine Grabstätte
im Kirchenraum sind wenigstens 12 Taler zu zahlen. Das einkommende Kapital
ist, da sonstige Einnahmen fehlen, für die Unterhaltung der Kirche zu
verwenden. Eine Ausnahme gilt für den derzeitigen Rentmeister und
Gerichtsverwalter Coßmann. Er und auch seine Frau dürfen in der Kirche
begraben werden, ohne dafür zu zahlen. Coßmann hat sich diesen
Ehrenplatz verdient, da er sich um den Kirchenbau sehr bemüht hat.
Heinrich
Anton Coßmann ist 1715 in Arnsberg geboren. Im Alter von 30 Jahren kommt
er nach Fürstenberg, wo er zunächst als Notar arbeitet. Als der Kirchbau
beginnt, ist er Richter am Patrimonialgericht und verheiratet mit
Catharina Vasbach. Coßmann verwaltet gleichzeitig das Vermögen der
Herren von Westphalen und ist auch als ihr Archivar tätig. Er genießt
die besondere Wertschätzung seines Dienstherrn. Denn zu Paten seines
erstgeborenen Sohnes, der den Namen Liborius erhält, werden der Drost und
seine Cousine Ferdinandine von der Asseburg. Patin der Tochter Franziska
ist des Drosten Ehefrau Theresia von Brabeck.
Coßmanns
Ehefrau stirbt ein halbes Jahr nach der Geburt einer Tochter und wird am
25. April 1754 in Fürstenberg begraben. Mit seiner Frau in zweiter Ehe,
Helena Lange, hat er fünf weitere Kinder: Theresia, Wilhelm, Clementina,
Theodorus und Magdalena. Die Patenschaft der Tochter Theresia übernimmt
1756 Ferdinandine von der Asseburg. Dem Sohn Theodorus ist 1763 der
Bischof von Hildesheim, Friedrich Wilhelm von Westphalen, Pate. Als
Heinrich Anton Coßmann am 20. Oktober 1780 im Kirchenraum begraben wird,
trägt er den Titel eines Hofrats des Fürstbischofs zu Hildesheim.
Das
Kreuzgewölbe im Chor der Kirche wird 1755 geschlossen. Clemens August von
Westphalen heiratet in diesem Jahr nach dem Tode seiner Ehefrau Theresia
von Brabeck in zweiter Ehe seine Cousine Ferdinandine von der Asseburg,
was beide mit ihrem Allianzwappen im Chorschluss dokumentieren.
Das
gesamte Bauwerk wird innen und außen mit Kalkmörtel verputzt. Das Dach
wird mit Eichenbrettern verschalt und mit Schiefer eingedeckt. Sechs sehr
hoch angesetzte Fenster im Langschiff und vier weitere im Chor mit klarem
Glas und in Blei gefasst lassen viel Licht in den hohen, nach Osten
ausgerichteten Raum.
Zu
der Zeit ist der Innenausbau der Kirche aber längst nicht fertig. Man
lebt noch mit Provisorien. Der Siebenjährige Krieg (1756-1763) lähmt die
Wirtschaft des Hochstifts Paderborn und auch die Gemeinde. Das Fürstbistum
wird mehrfach von Truppen besetzt. Soldaten aus Hannover, Braunschweig und
Sachsen-Gotha beziehen Quartier in den Häusern und müssen verpflegt
werden. Erst 1761 werden die beiden
Seiteneingänge des Gebäudes mit Türen verschlossen. Der Eisenschmied
hat seine Bitte an die Tür geschlagen: O Herr gedenke meiner, wenn ich
komme in dein Reich!
Für
eine angemessene Ausstattung sorgt in den folgenden Jahren der jüngere
Bruder des Drosten, Friedrich
Wilhelm von Westphalen, geboren am 5. April 1727 zu Paderborn. Er
wird im Februar 1763 zum Bischof von Hildesheim gewählt und am 23.
Oktober im Hildesheimer Dom durch seinen Onkel, den Paderborner Fürstbischof
Wilhelm Anton von der Asseburg, geweiht.
Friedrich
Wilhelm von Westphalen kennt und schätzt den Bildhauer Joseph Stratmann,
der 1736 in Paderborn geboren ist. Joseph Stratmann heiratet mit 32 Jahren
Christina Vollmer aus Geseke und verlegt 1773 Wohnsitz und Werkstatt nach
dort. Als Bildhauer arbeitet er häufig für die Adelsfamilien des
Paderborner Landes und so auch für den Fürstbischof von Hildesheim. Die
beiden Figuren der Immaculata und des Hl. Joseph in der Kapelle der
Familie von Westphalen zu Schloss Laer bei Meschede, deren Altar der
Hildesheimer Bischof 1768 gestiftet hat, sind von Joseph Stratmann
geschaffen. Im Auftrag des Bischofs arbeitet er 1772 an der Ausstattung
der Kapuzinerkirche in Hildesheim und daran anschließend am Hochaltar im
dortigen Dom.
Auch
zur Ausstattung von St. Marien in Fürstenberg holt sich der Hildesheimer
Bischof den Bildhauer Stratmann. Dem Zeitgeist entsprechend erhält die
Kirche eine Dreiheit von Hauptaltar im Chorraum und zwei flankierenden
Seitenaltären im Langhaus.
Die geschwungene Kommunionbank bildet eine deutliche Schranke und trennt
das sogenannte ‚Chörchen’ der Adelsfamilie sowie den Altarraum vom
Hauptschiff. Hier hat das Volk in den Kirchenbänken seinen Platz. „Das
Gebäude ist für die hiesige Pfarrgemeinde hinlänglich geräumig und gut
konstruiert,“ steht in den Inventarverzeichnissen.
Zwei
feste Beichtstühle sind in die Nischen unter den Fenstern nahe der
Seitenaltäre eingebaut. Auf der Südseite ist es der Stuhl des Pastors,
ihm gegenüber sitzt der Vikar. Der bauchig geformte Kanzelkorb, über dem
ein vierseitig geschwungener Schalldeckel hängt, ist am südlichen
Strebepfeiler im vorderen Drittel des Hauptschiffs angebracht. Über eine
mit einer Tür verschlossenen Treppe kann der Priester die Kanzel
ersteigen. Ursprünglich ist ihr Standort an der Grenze von Chor und
Langhaus vorgesehen. Im westlichen Teil des Hauptschiffs erhebt sich eine
durch zwei Säulen getragene Empore mit einer in den Raum schwingenden Brüstung.
Das fürstbischöfliche Wappen über dem Bild des Hochaltars, an der
Kommunionbank und an der Brüstung der Empore zeigt, dass diese Teile der
Ausstattung nach 1773 entstanden sind, als Friedrich Wilhelm von
Westphalen bereits zum Nachfolger für den Bischofsstuhl in Paderborn
designiert ist.
Zu
dieser Zeit schafft Joseph Stratmann die Altarskulpturen des Hl. Liborius
und des Hl. Clemens und die beiden Putten neben dem Tabernakel des
Hauptaltares. Auch die Seitenaltäre sind vermutlich um diese Zeit
entstanden. Der linke Altar mit dem Bild des Hl. Antonius von Padua ist
vom Drosten Clemens August von Westphalen und Ferdinandine von der
Asseburg gestiftet, wie deren Wappen ausweist. Der rechte Altar mit dem
Bild des Hl. Stephanus ist wahrscheinlich von der Gemeinde selbst in
Auftrag gegeben, da ihm ein Adelswappen fehlt.
Auch
Anton Stratmann (1734-1807), der ältere Bruder des Bildhauers, hat
bereits mehrfach für die Familien von Westphalen und von der Asseburg als
Portraitmaler gearbeitet. Er ist der überragende westfälische Maler im
ausgehenden Rokoko.
In St. Marien malt er das Altarbild des rechten Seitenaltars, während
sein Bruder Joseph die beiden Seitenfiguren Stephanus und Laurentius
schafft. Auch die Magdalena des Kreuzaltars im südlichen Querschiff
stammt von Joseph Stratmann.
Denkbar ist, dass Anton Stratmann auch das ursprüngliche Bild über dem
Hauptaltar gemalt hat, von dem nur der mit dem Wappen gekrönte Rahmen
erhalten bleibt.
Die
Kirche ist jetzt fast fertig ausgestattet. Nur die Anschaffung einer
angemessenen Orgel, die ihren Platz auf der Empore erhalten soll, muss
noch folgen. Doch der Orgel stellen sich Hindernisse in den Weg. Der großzügige
Förderer des Kirchenbaus, Drost Clemens August von Westphalen, stirbt
1777 in Hildesheim. Dann trifft am 30. März 1780 das Dorf ein großes
Unglück. Durch Unvorsichtigkeit beim Flachstrocknen an einer Herdstelle
bricht ein Brand aus. Der schönste Teil von Fürstenberg, 52 Häuser
mitten im Dorf, werden ein Raub der Flammen. Und es kommt noch schlimmer.
Nach einer Missernte durch Hagelschlag und Mausefraß im Vorjahr mangelt
es an Back- und Saatkorn. Über 50 Pferde und Kühe, die vielen Schweine
nicht gerechnet, sind schon krepiert. „Ein jeder schreit Ach und Weh, da
er schwarze Hungersnot jämmerlich leiden muss,“ steht in einem
Klagebrief an den Landtag des Fürstbistums mit der dringenden Bitte um
Steuerermäßigung.
Im
Oktober des gleichen Jahres wird vom Fürstbischof Wilhelm Anton von der Asseburg eine neue Holzordnung veröffentlicht,
gegen die von der Gemeinde ein Prozess geführt wird. Während sich die
Sache hinzieht und bis zum Reichskammergericht gelangt, rebellieren die
Bewohner gegen die Obrigkeit. Militär aus Paderborn rückt mit 60 Mann
ins Dorf ein und vollstreckt die Strafen. Die Vorsteher Meinolph Henneken
und Anton Claus werden für 14 Tage ins Zuchthaus gesperrt. Vieh wird gepfändet
und Brautöpfe und Kochtöpfe dazu. Alles soll am Amtshof in Wünnenberg
verkauft werden. Die Verbitterung zwischen Gemeinde und Gutherrschaft
erreicht ihren höchsten Grad.
Selbst der Pastor wird in die Streitigkeiten verwickelt und muss
resignieren.
Erst
dreißig Jahre sind seit dem Bau des Turmes vergangen und jetzt scheint
die Gemeinde am Ende. Und sie hat zwei Kirchen zu unterhalten. Denn die
Instandhaltung von Langschiff und Turm fällt der Gemeinde zu, während
der Chorraum von der Herrschaft in baulicher Hinsicht unterhalten wird.
Dazu kommt die Kirche im Tal. Sie droht zu verfallen. Die Gelder für
dringend nötige Reparaturen können nicht aufgebracht werden. Im Jahr
1780 gibt Fürstbischof Wilhelm
Anton von der Asseburg die Erlaubnis: Die Vesperther Kirche darf
abgebrochen werden. Auf dem Kirchhof wird die Gemeinde jedoch weiterhin
ihre Toten bestatten.
Fürstbischof
Friedrich Wilhelm, der großzügige Stifter der Kirchenausstattung, wird
mit dem Tod seines Onkels am 26. Dezember 1782 auch Bischof von Paderborn.
Er baut das Schloss Fürstenberg auf den Grundmauern der alten Burg völlig
neu auf. Doch er wird nicht häufig darin wohnen. Nach längerer Krankheit
stirbt er am 6. Januar 1789 in Hildesheim und wird im dortigen Dom
bestattet. Sein Neffe Clemens August beerbt ihn, wie zuvor schon seinen
Großonkel, den Fürstbischof Wilhelm Anton von der Asseburg. Clemens
August von Westphalen darf die beim Schloss stehende alte Kapelle 1791
abbrechen lassen, da sie seit vielen Jahren nicht mehr gebraucht wird.
Als
der Burggraf zu Friedberg 1818 in Frankfurt verstorben ist, wird sein Herz
in St. Marien bestattet. Die Grabinschrift zum Gedenken an den
Verstorbenen ist der letzte sichtbare Hinweis auf früher genutzte Begräbnisstätten
innerhalb des Kirchenraumes.

EBAP Acta spezialia Bd. 150 blau Fürstenberg Folio 231
EBAP Acta spezialia Bd. 150 blau Fürstenberg Folio 236 1757/03/18
Diese Aussage konnte bei der Recherche in zwei Handschriften (HS
XXVIII Protocollum domesticum actuum Pontificalium u. Handschrift
des Paderborner Studienfonds PA 119 Protocollum functionumum
Episcopalium) nicht gesichert werden.